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Immunologische Abklärung und Behandlung

Diese Seite behandelt Abklärungen und Behandlungen, die in wissenschaftlicher Hinsicht noch als experimentell gelten und nur in Ausnahmefällen (mindestens drei fehlge­schlagene Embryo­transfers ohne ersichtliche Ursache, starker Wunsch nach Ursachen­forschung) zum Einsatz kommen sollen. Wir vermitteln sie ausschliesslich IVF-Patientinnen unseres Labors und können weder für den Ablauf am IVI Madrid noch für die dort formulierten Verordnungen eine Verantwortung übernehmen.

 

Nach mehreren Fehlgeburten oder mehreren Transfers guter Embryonen ohne Einnistung stellt sich die Frage, ob die mütter­liche Gebär­mutter­schleim­haut optimal empfänglich ist. Wichtige Grundregel: je älter die Patientin, desto eher ist ein Misserfolg auf falsche Chromosomenzahl des Embryos (erkennbar mit der Prä­implan­tations­diag­nostik) zurückzuführen und nicht etwa auf eine «Abstossung» seitens der Mutter. In gewissen, für die Paare belastenden Fällen ist dennoch eine immuno­logische Abklärung angezeigt.

 

Unser IVF-Labor kann mit Frau Dr. Diana ALECSANDRU vom Referenzzentrum (und Mutterhaus unseres Laborleiters) IVI Madrid zusammen­arbeiten und bietet auf diese Weise (wie erwähnt auch experimentelle) Abklä­rungen auf dem letzten Stand der Wissen­schaft an.

 

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Worum geht es bei der Frau?

Die Einnistung des Embryos in der Gebärmutter ist ein Balance­akt zwischen Unterstützung und Abstossung, welche von der genetischen Veran­lagung von Vater und Mutter abhängt. Entgegen früheren Vorstel­lungen sind die sogenannten Killer­zellen in der Gebär­mutter für die Einnistung nicht schädlich, sondern notwendig, sofern sie vom Embryo die richtigen Impulse erhalten. Bei der Frau ist die entsprechende Veran­lagung in den — von Frau zu Frau stark variierenden — KIR-Genen auf dem langen Arm des Chromosoms 19 codiert (Bild unten links).



Lage der KIR-Gene auf dem Chromosom 19.

Aktivierende Impulse (blau) bei KIR Gruppe B.

Aktivierende KIR-Gene (grün), hemmende (rot).

Die KIR-Gene werden in die Gruppen A und B eingeteilt (oben rechts). Besitzt eine Frau zwei Kopien von KIR-Genen der Gruppe A und somit keine der Gruppe B, so können ihre Killerzellen die aktivie­renden Impulse der Gruppe B (blaue Kästchen 2DS2, 2DS3, 3DS1, 2DS5, 2DS1) nicht empfangen.

 

Worum geht es beim Mann?

Der männliche Partner gibt dem Embryo das der Gebär­mutter «fremd» erschei­nende Genmaterial mit. Hierbei spielt das väterliche HLA-C-Gewebe­verträg­lich­keitsgen auf Chromosom 6 eine Schlüssel­rolle.

Besitzt der Vater HLA-Gene der Gruppe C2, und hat die Mutter lediglich zwei hemmende KIR-Gene der Gruppe A (KIR-AA), so können die Killer­zellen der Gebär­mutter die entste­hende Plazenta bekämpfen. Es kommt zur frühen Fehl­geburt oder zu einer Störung der Placenta­entwicklung, die sich als mütter­licher Schwanger­schafts-Blut­hoch­druck äussern kann.

 

Abklärung beider Partner

Es handelt sich um Bluttests (KIR- und HLA-Gene, Blutgerinnung, Auto-Antikörper, Test auf latenten Diabetes), die im Speziallabor nach Richtlinien von Frau Dr. Alecsandru erfolgen. Sobald die Ergebnisse vorliegen, findet eine Skype-Beratung durch eine Spezialistin von IVI Madrid statt, welche spezifische Fragen zur Vorgeschichte stellt, die Ergebnisse bewertet und ggf. Behandlungen (wie Aspirin, thrombosehemmende Injektionen, Cortisontabletten oder Wachstumsfaktoren) verordnet. Ein Teil der ausgedehnten Abklärung wird von der Krankenkasse übernommen, für das ausländische genetische Labor sowie für die Beratung entstehen Selbstkosten von etwa 1000 Franken, die aber mehr als aufgewogen werden, falls die anschliessende IVF dank Zusatzbehandlung endlich erfolgreich ist.

 

Immuntherapie bei mütterlichem KIR-AA und väterlichem HLA-C2

Die fehlenden aktivierenden Impulse an den mütterlichen Killerzellen können durch Injektionen eines sogenannten Wachstumsfaktors ersetzt werden. NEUPOGEN (Filgrastim, G-CSF) ist ein Wachstumsfaktor für blutbildende Zellen; er wird normalerweise bei Kindern mit Mangel an weissen Blutkörperchen sowie zur schnelleren Erholung der Blutbildung während Chemotherapien verwendet. Neupogen wird «off-label» zur Förderung der Einnistung bei Müttern mit KIR-AA Genkombination und väterlichem HLA-C2 verwendet; es ist eine natürliche Substanz, die sich nicht negativ auf das Kind auswirkt.

 

Diabetes, Gluten-Unverträglichkeit

Die Forschungs­gruppe um Frau Dr. Alecsandru fand weitere hoch­interessante Zusammen­hänge heraus, so zwischen unentdecktem leichtem Diabetes sowie, ganz neu, unentdeckter Gluten­unverträg­lichkeit und wieder­kehrenden Fehl­geburten bzw. IVF-Fehl­versuchen. Eine einfache Intervention wie glutenfreie Diät konnte in ausgewählten Fällen den Erfolg der nächsten Schwangerschaft verbessern!

 

Auswahl wichtiger Publikationen zum Thema


Februar 2020 / Dr. M. Singer